So teuer wird Wohnen in Ihrer Region bis 2030

16.04.2019 16:20

Die WELT vom 16.04.2019 | Von Stephan Maaß - Wirtschaftsredakteur

Der Boom am deutschen Immobilienmarkt wird in den nächsten Jahren weitergehen, zeigt eine Studie. Mehr als der Hälfte der 401 Kreise und Städte stehen steigende Preise bevor. Eine Region droht sogar die 11.000-Euro-Marke zu knacken.
Auf dem Immobilienmarkt mischen sich zunehmend Molltöne in positive Prognosen. Steigende Immobilienpreise belasten Mieter und künftige Käufer. Lediglich die fehlenden Signale für eine nachhaltige Zinserhöhung sind von Vorteil – aber auch ein wichtiger Grund, weshalb die Preisrally auf dem Wohnungsmarkt weitergehen kann. Zumindest die Besitzer von Häusern und Grundstücken können sich noch darüber freuen, wenn die Preise weiter steigen.

Das sieht auch die Postbank in einer ihrer regelmäßigen detaillierten Prognosen zur Preisentwicklung für Wohnimmobilien so. Zusammenfassung: Ein Ende des Preisanstiegs ist bis 2030 nicht in Sicht. Das belege der Postbank Wohnatlas 2019, für den Experten des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) eine Kaufpreisprognose für die zwölf Jahre ab 2018 erstellt haben.

In mehr als der Hälfte der 401 deutschen Kreise und Städte können Haus- und Wohnungsbesitzer demnach davon ausgehen, dass ihre Immobilie bis mindestens 2030 real an Wert gewinnt. Ein Grund für die große Nachfrage am Wohnungsmarkt seien steigende Einwohnerzahlen in und um die Metropolen, besonders in Süddeutschland.

Verstärkter Druck durch Anstieg der Zahl der Haushalte

Preistreiber sei neben der demografischen Entwicklung auch die Wirtschafts- und Einkommensentwicklung. Die Anziehungskraft der Metropolen bleibe ungebrochen: Immer mehr Menschen ziehe es zum Arbeiten und Leben in die Städte. Die Nachfrage nach Wohnraum übersteige vor allem in zentralen Lagen vielerorts das Angebot, was die Preise zusätzlich in die Höhe treibe.

„Eigentumswohnungen in den Großstädten sind auch bei Investoren aus dem In- und Ausland gefragt. Wer hier in die eigenen vier Wände ziehen möchte, sollte genau hinsehen, denn einzelne Objekte etwa in den In-Vierteln könnten in einem überhitzten Markt überteuert angeboten werden“, sagt Eva Grunwald, Leiterin des Immobiliengeschäfts bei der Postbank.

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Verstärkt wird die Entwicklung noch, weil die Haushaltsgrößen kleiner werden, die Zahl der Haushalte also stärker steigen wird als das Bevölkerungswachstum. Das Statistische Bundesamt geht in seiner Haushaltsvorausberechnung bis 2035 von einem starken Anstieg der Ein- und Zweipersonen-Haushalte und einem deutlichen Rückgang der Drei- und Vierpersonen-Haushalte aus. Gab es 1991 von den kleinen Größen 23 Millionen Haushalte und von den großen 13 Millionen, werden es 2035 schon 34 Millionen Ein- und Zweipersonenhaushalte sein und nur noch acht Millionen mit drei und vier Bewohnern.

„Unsere Prognosen basieren im Wesentlichen auf Annahmen zu den langfristigen demografischen Entwicklungen“, sagt Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin des HWWI. Werte zu Bevölkerungszahl, Haushaltsstruktur, Alter, Erwerbstätigkeit oder verfügbaren Einkommen und erfolgte sowie prognostizierte Veränderungen im Nachfrage- und Investitionsverhalten im Wohnungs- und Bausektor seien die Grundlagen für die Langfristprognose. Das HWWI-Wohnungsmarktmodell vollziehe nach, wie sich diese Faktoren wechselseitig beeinflussen. Am Ende der Modellrechnung steht die Kaufpreisprognose für den Zeitraum 2018 bis 2030.

Am stärksten wird der Preisanstieg in den Metropolen laut Prognose ausgerechnet in Deutschlands ohnehin schon teuerster Stadt: Für München prognostizieren die Experten ein jährliches Plus von real 1,81 Prozent. Quadratmeterpreise von mehr als 10.000 Euro sind dort jetzt schon normal. Durchschnittlich waren es 7509 Euro pro Quadratmeter, die Immobilienkäufer in der bayerischen Landeshauptstadt bereits 2018 investieren mussten. 2030 dürfte der Immobilienmarkt nominal im Durchschnitt bereits die 11.000 Euro überschritten haben.

Auf den Plätzen zwei und drei folgen Düsseldorf mit einer Steigerungsrate von 1,09 Prozent und Köln mit 0,98 Prozent. In Frankfurt am Main und in Berlin steigen die Preise bis 2030 jährlich um 0,76 Prozent. Das ist der langsamste Anstieg unter den sieben größten deutschen Metropolen.

Inflationsbereinigt wird ein Quadratmeterpreis von 4000 Euro bei einer einprozentigen Steigerung bis 2030 auf gut 4500 Euro steigen. Rechnet man aber zwei Prozent Inflation hinzu, sind es schon 5700 Euro pro Quadratmeter.

Große Preissprünge sind nicht nur in den Großstädten zu erwarten, so die Postbank. Fast durchgehend gute Rahmenbedingungen für Wohnimmobilien fänden Eigentümer vor allem im Süden und Nordwesten. Unter den zehn Kreisen mit den höchsten prognostizierten Wertsteigerungen sind gleich sieben bayerische Landkreise.

Besonders hoher Anstieg im Kreis Oberhavel

„Hier wirkt sich der München-Boom aus: Drei dieser Kreise – die Landkreise München, Erding und Ebersberg – grenzen an die Landeshauptstadt. Die Landkreise Landsberg am Lech und Pfaffenhofen können zum erweiterten Speckgürtel der Isar-Metropole gezählt werden“, so Grunwald.

Rund um Berlin dürften die Preise sogar stärker anziehen als in der Hauptstadt selbst, erwarten die Forscher. Besonders steil dürfte der durchschnittliche Anstieg pro Jahr laut Prognose im Landkreis Oberhavel (plus 0,97 Prozent real pro Jahr bis 2030) im Norden der Hauptstadt verlaufen.

Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam schafft es sogar unter die Top Ten: Dort sagen Postbank und HWWI jährliche Steigerungsraten von 1,69 Prozent vorher. Den steilsten Anstieg prognostizieren die Experten für Heilbronn. In der Stadt in Baden-Württemberg dürften Wohnimmobilien bis 2030 jährlich um 2,29 Prozent teurer werden.

Die jüngste Erhebung zeige, dass die Preise auch jenseits der großen urbanen Zentren steigen und zahlreiche große und mittlere Städte längst Schauplätze des Immobilienbooms geworden sind. Neben Heilbronn und Potsdam dürften laut Postbank-Prognose auch die kreisfreien Städte Landshut, Dresden, Leipzig, Aachen, Ingolstadt und Münster jährliche Preissteigerungen von mehr als einem Prozent erreichen. „Diese Städte profitieren davon, dass die Rekordpreise in den Metropolen in manchen Fällen abschreckend wirken und als Alternative kleinere Zentren in Betracht gezogen werden“, sagt Grunwald.

In strukturschwachen Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen können sich die Inhaber auf sinkende Preise einstellen. In dem Postbank-Szenario sind vor allem die ostdeutschen Bundesländer, das Ruhrgebiet und das Saarland betroffen. Deshalb müssten Kaufinteressierte in so einer Gegend aber nicht die Flinte ins Korn werfen, sagt Grunwald: „Eine negative Preisprognose muss nicht zwangsläufig auf jedes Objekt zutreffen. Individuelle Lage und Ausstattung der Immobilie spielen auch eine Rolle.“ Für die persönliche Lebensplanung und finanzielle Absicherung im Alter könne der Wohnungskauf auch in diesen Regionen ein Gewinn sein.

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Quelle: Die Welt

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